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Mehr Bürgernähe und mehr Bürgerservice auf der Tagesordnung des Miltenberger Stadtrates am 29.1. um 19.00 Uhr

Nimmt Bürgermeister Helmut Demel dem Stadtrat mal wieder die Butter vom Brot?

 

Am Mittwoch können wir sehen, ob unser Stadtrat für die Anliegen der Bürger ein Ohr hat, und sich für diese einsetzt. Auf der Tagesordnung steht:

 

Petitionen zu Öffnungszeiten des Bürgerbüros und zur Einführung einer Bürgerfragestunde vor Stadtratssitzungen

 

Es ist laut Text keine Beratung und schon gar keine Beschlussfassung vorgesehen?

 

Das deutet darauf hin, Stadtrat und die Öffentlichkeit werden nur über eine Entscheidung des Bürgermeisters informiert?

 

Unser Bürgermeister könnt beispielsweise verkünden, beide Anliegen fallen in seinen Zuständigkeitsbereich, der Stadtrat darf nicht mitreden. Diese Meinung kann man haben, man kann aber auch anderer Meinung sein. Zumindest der Jurist im Gremium müsste wissen, es gibt immer mehr als eine Auslegung zu einem Gesetz. Nicht umsonst kursiert der Spruch, zwei Juristen haben bekanntlich drei Meinungen.

 

Gerade bei der Bürgerfragestunde erscheint mir die rechtliche Beurteilung offen. In einer Drucksache für den bayerischen Landtag steht zu Bürgerfragestunden, gekürzt wiedergegeben:

 

"nach dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht können die Gemeinden ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich regeln. Dazu gehört auch die Einrichtung einer Bürgerfragestunde. Wie diese im einzelnen ausgestaltet wird .... "

 

Die Gemeinden können das also regeln. Es ist nicht ausgeführt, ob der Bürgermeister oder der Stadtrat. Aus der Drucksache ist auch zu sehen, dass eine Bürgerfragestunde in anderen Bundesländern vom Gesetz vorgeschrieben ist. Hier zeigt sich erneut die Rückständigkeit in Bayern. Man lässt den Kommunen die Wahl, und nichts geht voran. Die Liste an Beispielen dazu wird täglich länger. Vor allem wenn es um Bürgerrechte geht.

 

Aber zurück zum Thema. Diese Drucksache lässt aus meiner Sicht offen, wer hier das Sagen hat. Die Frage ist, wer legt das wie aus? Entscheidet der Bürgermeister ohne Stadtrat? Und lässt dieser sich das gefallen? Ich befürchte, das geht wieder mal nicht gut für uns Bürger aus.

 

Nebenbei bemerkt, wenn hier der Bürgermeister alleine zu entscheiden hat, verstoßen dann Großheubach, Klingenberg und viele andere Kommunen gegen das Gesetz? Dort gibt es Bürgerfragestunden, die der Stadt- bzw. Gemeinderat beschlossen und die Geschäftsordnung geschrieben hat.

 

Nachdem diese Angelegenheit meines Wissens noch nie vor Gericht geklärt wurde stellt sich die Frage, wird unser Stadtrat sich hier die Butter vom Brot nehmen lassen? Das Internet ist voll von Beispielen aus anderen bayerischen Kommunen, wo solche Dinge in den Gremien beraten und beschlossen wurden. Möglicherweise alles rechtswidrig?

 

Wir werden sehen. Im Gremium sitzen Räte die erneut zur Wahl antreten. Einige werben bereits mit Worten wie Bürgernähe, Bürgerfreundlich, Öffentlichkeit und Transparenz um Stimmen. Wir können am Mittwoch vielleicht schon vor der Wahl erleben, was davon zu halten ist.

Es gibt dazu übrigens einen Präzedenzfall im Miltenberger Rat

Im Jahr 2018 ging es um die Veröffentlichung von Niederschriften. Unseren Räten wurde eine Rechtsmeinung des bayerischen Datenschutzbeauftragten vorgelesen. Für den unvorbereiteten Zuschauer war das wie ein Gesetz.

 

Der Stadtrat hat entsprechend entschieden. Die Niederschriften werden nicht veröffentlicht. Spiel Satz und Sieg für Bürgermeister und Verwaltung. Diskutiert wurde, wenn ich mich recht erinnere, nicht. Interessanterweise hat der Kreistag bereits im Jahr 2009 über das gleiche Thema beraten. Basis war genau die gleiche Rechtsmeinung des Datenschutzbeauftragten. Der Kreistag hat entschieden, nehmen wir zur Kenntnis, sehen wir anders. Die Protokolle werden veröffentlicht.

 

Wenn ich das richtig im Kopf habe, war auch hier Landrat und Verwaltung gegen eine Veröffentlichung, der Kreistag hat sich aber darüber hingweggesetzt.

 

Ein Gesetz, eine rechtliche Beurteilung, zwei unterschiedliche Beschlüsse. Das könnte darauf hindeuten, dass die rechtliche Beurteilung von Miltenbergs Bürgermeister und Verwaltung es schon mal wert ist, hinterfragt zu werden. Auf die Idee ist damals aber keiner in unserem Stadtrat gekommen.

Eine kleine private Anmerkung

Der Text auf der Tagesordnung lädt zu Spekulationen ein. Ich schreibe diese Spekulation aus leidvoller Erfahrung in der Vergangenheit. Am Ende der Sitzung werden wir wissen, ob man aus der Vergangenheit die Zukunft ableiten kann.

 

Wenn es so kommt, und unser Stadtrat nicht mal über mehr Bürgerservice und mehr Bürgerrechte beraten und beschliessen darf, welche Funktion hat dieses Gremium dann eigentlich? Ich habe mal geschrieben, holen wir uns über die Bürgerliste unserere Bürgerrechte zurück. Vielleicht muss auch unser Stadtrat sich seine Rechte wieder erkämpfen?