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Haushaltsdefizit der Stadt Miltenberg - Wer muss zahlen?

Wer muss in Miltenberg zahlen?
Haushalt Stadt Miltenberg

Bürger und Unternehmen der Stadt müssen aufpassen, dass sie nicht zum Zahlmeister der Stadtratspolitik werden. Nachdem heuer mit einem Schlag alle Rücklagen verbraucht werden, geht es ab 2023 ans Eingemachte.

 

Entweder wird gespart, oder Bürger und Unternehmen werden zur Kasse gebeten.

 

Bei den Haushaltsberatungen wurde zwar von Strukturveränderungen gesprochen, aber leider auch von Steuer- und Gebührenerhöhungen.

 

Einsparungen sind oft schmerzhaft. Die Gefahr ist also groß, dass unsere Stadträte den einfachen Weg gehen, und die Einnahmen erhöhen.

 

Um uns darauf vorzubereiten und mitzureden, brauchen wir Zahlen. Die werden aber bisher nicht zur Verfügung gestellt. Wer Zeit und Muße hat, kann sich stundenlang ins Rathaus setzen, und den Haushaltsplan studieren. Das ist aber nicht erfolgversprechend. Noch zu Zeiten von Helmut Demel habe ich das mal gemacht. Mir wurden ein paar hundert Seiten Detailpläne hingelegt. Kann man durchsehen, für den Laien aber nahezu wertlos.

 

Nach penetrantem Fordern habe ich dann den kompletten Haushaltspaln 2019 incl. Vorbericht, Stellenplan und Investitonsplänen in Papierform erhalten. Der damalige Verwaltungsleiter hatte wohl keine Lust mehr, gegen meine Wünsche anzukämpfen. Oder es sind ihm schlichtweg die Argumente ausgegangen. Es gibt auch keine, nachdem viele Kommunen solche Informationen einfach im Internet für die Bürger bereitstellen.

 

Zur Vorbereitung auf die anstehenden öffentlichen Beratungen im Stadtrat fordere ich deshalb die Offenlegung des Haushaltsplans mit allen Informationen. Dazu gehört auch die mittelfristige Finanzplanung. Die Veröffentlichung soll auf der Internetseite der Stadt erfolgen.

 

Nur so können sich die Bürger ein Bild zur Situation machen. Daneben sind alle Vorschläge zur Konsolidierung des Haushalts vor Beratung im Stadtrat zu veröffentlichen. Nur so können die Bürger "mitgenommen werden" wie es immer so schön heißt.

 

Nachdem Informationen fehlen, hier ein paar Erläuterungen für die Bürger zur Vorbereitung auf die künftigen Beratungen im Stadtrat.

Verwaltungshaushalt 26,9 Mio EUR

Die Summe ist gewaltig, durch Erfassung von inneren Verrechnungen aber nicht aussagefähig.

 

Auf der Einnahmeseite sind folgende Positionen wichtig:

 

6,6 Mio EUR Einkommen- und USt-Beteiligung

                       hier kann die Stadt nichts ändern

1,4 Mio EUR Grundsteuer

                       die Höhe kann die Stadt per Satzung ändern

5,3 Mio EUR Gewerbesteuer

                       die Höhe kann die Stadt per Satzung ändern

4,7 Mio EUR Gebühren, Mieten und Entgelte

                       kann die Stadt durch Satzungen und Verträge ändern

 

Auf der Aussgabenseite sind folgende Positionen wichtig:

 

7,7 Mio EUR Personalkosten

                       kann die Stadt durch Veränderung ihrer Leistungen für die Bürger beeinflussen

                       kann die Stadt möglicherweie durch günstigere Fremdvergabe beeinflussen

3,7 Mio EUR Verwaltungs- und Betriebsaufwand 10,2 Mio abzüglich 6,5 Mio interner Verrechnungen

                       ähnlich wie bei Personalkosten

 

Das Defizit im Haushalt beträgt 1,2 Mio EUR. Ein Ausgleich kann über höhere Einnahmen oder geringere Ausgaben erfolgen. Aus den Zahlen wird die Problematik für uns Bürger sichtbar.

 

Die Stadt hat 11,4 Mio Einnahmen, deren Höhe sie bestimmen kann. 10% mehr Steuern und 10% höhere Gebühren insbesondere bei Kindergärten, bringen 1,1 Mio im Jahr und das Problem ist weitgehend gelöst.

 

Auf der Ausgabenseite ist es deutlich schwieriger. 10% Personaleinsparung sind nicht trivial, tun weh, und bringen "nur" 770 TEUR. Um 1,1 Mio über Personal zu holen, müssten 14-15% eingespart werden.

 

Bei den Sachkosten bringen 10% gerade mal 370 TEUR im Jahr.

 

Zusammengefasst: Ein Ausgleich über die Einnahmen geht schnell und problemlos. Bis zur nächsten Wahl haben die Bürger das geschluckt und vergessen, und wir können weitermachen wie bisher. Damit es nicht in die Richtung einfache Lösung geht, müssen wir Bürger uns einbringen und den Prozess im Herbst sehr aufmerksam begleiten.

1,4 Mio EUR Grundsteuer

Eine Steigerung um 10% bedeutet Mehreinnahmen von 141 TEUR im Jahr. Dazu müsste der Hebesatz der Grundsteuer B von 360% auf 400% angehoben werden. Nachdem Miltenberg heute schon einen der höchsten Steuersätze in der Region hat, für mich inakzeptabel.

 

Die Grundsteuer trifft jeden Hauseigentümer und wird auf Mieter umgelegt. Sie trifft also weite Teile der Bevölkerung und treibt die Wohnkosten nach oben. In Zeiten wo Mieten und Heizkosten bereits drastisch steigen, wäre eine Erhöhung unsozial und ist abzulehnen.

5,3 Mio EUR Gewerbesteuer

Um die Einnahmen um 10% zu steigern, das wären 530 TEUR im Jahr, müsste der Hebesatz von 340% auf 375% erhöht werden. Auch hier ist aus meiner Sicht kein Spielraum, Miltenberg hat heute schon mit die höchste Belastung für Unternehmen in der Region

4,6 Mio EUR Gebühren, Mieten und Entgelte

Hier wird es spannend, denn das kann jeden unterschiedlich treffen. Friedhofsgebühren, Kindergartengebühren ... Und es ist so einfach, niemand kann den Stadtrat bremsen, hier zuzuschlagen.

 

Wenn unsere Stadträte an der Gebührenschraube drehen wollen, erwarte ich saubere Vergleiche mit anderen Kommunen aus der Region. Erhöhungen sind nur akzeptabel, wenn die Belastung der Bürger im Quervergleich in Ordnung ist.

 

Warum sollen wir für eine Leistung der Stadt mehr bezahlen, als Bürger in Obernburg, Wörth, Elsenfeld oder Erlenbach? Dafür kann es keine schlüssige Begründung geben. Der einfache Weg ist dann versperrt und die Räte müssen uns erklären, warum die Kosten dieser Dienstleistung in Miltenberg höher sind als in anderen Kommunen und warum wir nicht die Kosten senken können.

Ausgaben der Stadt Miltenberg

Wie im privaten Leben gilt auch für Kommunen: Wer reich ist kann sich mehr leisten, wer arm ist muss sparen. Miltenberg hat im Vergleich mit anderen Kommunen hohe laufende Kosten. Das muss analysiert werden.

 

Ansatzpunkte gibt es sicher genügend. Wenn der Bürgermeister berichtet, dass wir jährlich rd. 700 TEUR für Museen aufwenden, wirft das Fragen auf. Es gibt Dinge, die muss man sich leisten können. Es geht hier nicht nur darum, ob wir etwas preiswerter haben können. Die Frage muss auch sein: Was können/wollen wir uns noch leisten?

 

Ein paar weitere Beispiele aus dem Haushalt 2019 - ich aktualisiere die Zahlen gerne, wenn die Stadt neue Zahlen zur Verfügung stellt.

  • 129.300 EUR Defizit kommunale Verkehrsüberwachung
  •   68.400 EUR Defizit Musikschule
  • 175.700 EUR Defizit Volkshochschule
  •   90.000 EUR Defizit Stadtbücherei
  •   52.850 EUR Defizit Jugendtreff
  •   58.300 EUR Defizit Michaelismesse

Daneben gibt es erhebliche Unterdeckungen im Bereich Kindergärten und Schulen. Die Gefahr ist groß, dass hier an den Gebühren gedreht wird, und viele Nice-to-have Dinge nicht verändert werden.

Defizit Museen: Wertheim 361 TEUR - Miltenberg 685 TEUR

Bernd Kahlert hat berichtet, dass in den letzten Jahren im Durchschnitt ein Defizit von 685 TEUR angefallen ist. Vergleiche mit anderen Kommunen sind notwendig. Die Haushaltspläne anderer Kommunen sind eine Fundgrube für Vergleiche und damit zur Beurteilung der eigenen Situation. Beispielsweise kann man den Haushalt der Stadt Wertheim hier abrufen Haushalt Wertheim 2022. Die Aufbereitung ist sehr informativ.

 

Wertheim ist mehr als doppelt so groß wie Miltenberg und leistet sich bei Museen ein Defizit von 361 TEUR in 2020. Wenn Miltenberg fast das doppelte aufwendet, wirft das Fragen auf.